Die Orkney-Inseln: Eine Reise durch die Jahrtausende

Orkney - Ring of Brodgar

Der Reigen peitscht uns ins Gesicht. Weit und breit ist kein Baum in Sicht, der den starken Wind aufhalten könnte und von den gemeldeten 11° C Lufttemperatur sind wir zumindest gefühlt weit entfernt. Ein richtiges Hundewetter also. Dennoch fühlen wir uns wohl auf unserem Ausflug zum Ring of Brodgar, einem keltischen Steinkreis, es passt zur mystischen Stimmung dieses Ortes. Eine Mitreisende meint sogar: “Ich wäre richtig enttäuscht gewesen, hätte es hier 32° C und Sonnenschein gegeben.”

Wir sind im hohen Norden Schottlands, genauer gesagt auf den Orkney-Inseln. Hier ist so ein Wetter auch im Hochsommer nicht ungewöhnlich. Die Inselhauptstadt Kirkwall ist der erste Stopp unserer Kreuzfahrt durch Nordeuropa mit der AIDAluna. Ein Landausflug am Vormittag bringt uns zu mehreren Stationen aus der langen Vergangenheit der Inselgruppe.

Der Ring of Brodgar

Die Orkney-Inseln sind seit der Jungsteinzeit bewohnt. Durch die weiterhin sehr dünne Besiedelung des Archipels sind zahlreiche Zeugnisse aus dieser Epoche erhalten geblieben und auch heute noch werden immer wieder unterirdische Kammern aus der Frühzeit der Menschheitsgeschichte entdeckt. Unsere sehr charmante Reiseführerin Loraine weist uns unterwegs auch auf einige keltische Hügelgräber hin, die sich gut sichtbar aus dem Boden erheben.

Orkney - Hügelgrab
Orkney – Hügelgrab

Nach einer 30-minütigen Fahrt kommen wir am Ring of Brodgar an, eine der besterhaltenen historischen Stätten der Insel. Dieser riesige Steinkreis übertrifft mit seinem Durchmesser von 104 m sogar die weitaus bekanntere Anlage von Stonehenge und steht hier seit über 4.000 Jahren. Auch hier ist jedoch bis heute völlig ungeklärt, welchem Zweck die Anlage diente. Die Theorien dazu reichen von religiösen Kultstätten über astronomische Observatorien bis hin zu ziemlich absurden Varianten wie z. B. Alien-Landeplätzen.

Orkney - Ring of Brodgar
Orkney – Ring of Brodgar

Unabhängig davon, was unsere Vorfahren hier veranstalteten, ist die Stätte sehr beeindruckend. Neben ihrem Zweck ist auch völlig unklar, wie es den Menschen damals gelang, die tonnenschweren Steine nicht nur aufzurichten, sondern auch so zu verankern, dass sie bis heute in ihren Positionen stehen. Selbst ein Blitzeinschlag in einen der Felsbrocken kann da nichts ausrichten. Zwar brach eine Hälfte des Steins ab, die andere Hälfte steht aber weiterhin unbeirrt da.

Orkney - Ring of Brodgar
Orkney – Ring of Brodgar

Was sich am Ring of Brodgar außerdem offenbart: Graffitis und Schmierereien sind keine Erfindung der Neuzeit. Auf einem der Steine fand man eine codierte Runeninschrift, die auf das 12. Jahrhundert datiert wurde. Nachdem Sprachforscher die Zeichen entschlüsseln konnten, stellten sie fest, dass sich hier wohl seinerzeit ein Wikinger verewigte, da der Schriftzug einfach nur den Namen Bjørn darstellt.

Sehr beeindruckt vom Gesehenen machen wir uns auf den Rückweg zum Bus. Bevor wir dort ankommen, kommt es jedoch zu einer interessanten Entwicklung: Bereits während der Tour durch den Ring of Brodgar gesteht uns unsere Reiseführerin, dass sie erst begonnen hat, Deutsch zu lernen und die Sprache noch nicht so gut spricht. Bisher waren ihre Durchsagen zwar auf Deutsch, weiter als bis hierhin ist sie mit ihrer Übersetzung aber noch nicht gekommen. Der Rest der Tour wird also auf Englisch stattfinden. Sie würde jedoch gerne wichtige Informationen auch auf Deutsch kommunizieren und sucht daher Helfer aus der Gruppe. Irgendwie stellt sie dann rasch fest, dass mein Englisch ganz brauchbar ist und so werde ich spontan als Unterstützung rekrutiert.

Bei einer Kurzumfrage im Bus stellt sich heraus, dass das Englisch-Niveau innerhalb der Gruppe stark variiert, weswegen wir vereinbaren, dass ich einfach alles, was sie uns erzählt, danach noch einmal kurz auf Deutsch zusammenfasse. Dazu werde ich kurzerhand in die erste Reihe des Busses umplatziert und sobald Loraine mit ihren Erklärungen fertig ist, bekomme ich das Mikrofon. Wer mich kennt, weiß, dass Reiseführer ohnehin meine Passion ist und so habe auch ich jede Menge Spaß dabei.

Die Klippen von Yesnaby

Mit mir als Hilfsguide fahren wir also weiter zu den Klippen von Yesnaby und gehen noch viel weiter in der Zeit zurück. Senkrecht fallen die Klippen hier ins Meer ab. Das Besondere: Die Steine auf denen wir stehen sind über eine Milliarde Jahre alt, was wirklich unvorstellbar alt ist. Das Gestein war schon Teil des Urkontinents Pangäa und ist durch die Plattentektonik im Laufe der Jahrmillionen vom Äquator bis hierhin in den Norden Schottlands gewandert. In den Felsen können wir  sehr deutlich die Sedimentschichten sehen, die sich vom zwischenzeitlichen Meeresboden bis hierhin heraufgeschoben haben. Im Frühjahr blüht hier außerdem die Scottish Primrose, eine violette Blume, die nur hier und im äußersten Norden des schottischen “Festlands” (das ja eigentlich auch auf einer Insel liegt) wächst.

Loraines Befürchtung, dass die Windstärke 10 jemanden von den Klippen wehen könnte, bestätigt sich zum Glück nicht und so machen wir uns nach einem kurzen Aufenthalt auf den Weg zurück in Richtung Schiff. Unterwegs halten wir noch kurz in der zweitgrößten Stadt Stromness. Darüber hinaus erfahren wir einige interessante Aspekte zum Leben auf den Orkney-Inseln.

Die Hauptstadt Kirkwall

Zurück beim Schiff setzen wir uns gleich in den kostenlosen Shuttle, der uns ins Zentrum von Kirkwall bringt. Mit rund 8.500 Einwohnern ist die Hauptstadt zugleich die größte Stadt der Inselgruppe. Wir spazieren durch die kleine Innenstadt bis zur St. Magnus Cathedral. Diese eher schlicht gehaltene Sandsteinkirche wurde im frühen 12. Jahrhundert zu Ehren des Märtyrers St. Magnus errichtet, dem angeblich sein Bruder, der gegen den christlichen Glauben war, während des Gebets mit einer Axt den Schädel spaltete.

Gleich gegenüber der Kathedrale befinden sich noch zwei interessante Ruinen: Der Bishop’s Palace, eine Stadtvilla aus dem 12. Jahrhundert sowie der Earl’s Palace, ein Renaissance-Stadtschloss aus dem frühen 17. Jahrhundert.

Von hier schlendern wir durch die kleine Fußgängerzone der Stadt bis hin zum Stadthafen. Unterwegs investiere ich noch ein paar übrige Pence aus Altbeständen in einen Riegel Orkney Fudge – eine lokale Süßigkeit, die quasi nur aus Butter und Zucker besteht und entsprechend süß und fettig schmeckt.

Dann machen wir uns auch schon wieder auf den Rückweg zum Busbahnhof, von wo uns der Shuttle zurück aufs Schiff bringt. Beim Ablegen spielt zum Abschied noch ein schottischer Spielmannszug auf und wir sind um einige tolle Erfahrungen und Erlebnisse reicher!

Kirkwall - Hafen
Kirkwall – Hafen
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2 Gedanken zu „Die Orkney-Inseln: Eine Reise durch die Jahrtausende“

    • Es war wirklich sehr beeindruckend, trotz des Wetters. Das Video ist jetzt übrigens auch hochgeladen. Liebe Grüße aus Akureyri!

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