Der Sommer in Estland ist kurz. Die Monate Juni, Juli und August gelten als beste Reisezeit für eine Rundreise oder einen Erholungsurlaub im nördlichsten Land des Baltikums. Um Mittsommer ist es bis zu 19 Stunden am Tag hell. Die Tagestemperaturen liegen in der Regel zwischen 20 und 30 °C. Das Wetter kann in dieser Zeit aber durchaus auch kühl und regnerisch sein. Eine wärmende, wetterfeste Jacke solltest du daher grundsätzlich im Gepäck haben. Bei Sonnenschein kannst du wiederum ein erfrischendes Bad in der Ostsee nehmen – die Wassertemperatur steigt nur selten über 16 °C.
Ob bei gutem oder durchwachsenem Wetter, an der Küste und auf den Inseln im Westen Estlands kannst du in beschaulicher Atmosphäre Seeluft schnuppern. Wir haben uns während unseres Roadtrips im Baltikum zwei sehr gegensätzliche Sommerfrischen angesehen: die ursprüngliche Insel Saaremaa und das quirlige Seebad Pärnu. In diesem Bericht erfährst du mehr über die beiden an der Rigaer Bucht gelegenen Reiseziele in Estland.
Inhalt
Saaremaa
135 Kilometer südwestlich von Tallinn lassen wir unseren Mietwagen im Hafen von Virtsu langsam auf die Fähre rollen. Nach einer halbstündigen Überfahrt kommen wir im Hafen von Kuivastu auf der Insel Muhu an. Von dort aus gelangen wir nach etwa 15 Minuten Autofahrt über einen Damm auf die Insel Saaremaa. Die größte und mit knapp 40.000 Einwohnern bevölkerungsreichste Insel Estlands war zu Sowjetzeiten ein völlig abgeriegeltes Militärsperrgebiet. Bis heute hat sich das „Inselland“, wie Saaremaa wörtlich übersetzt heißt, seine Abgeschiedenheit bewahrt. Die Landschaft ist hauptsächlich von Wäldern geprägt, nur wenige Gebäude weisen auf die spärliche Besiedelung hin. Im Sommer ist die Insel daher ein reizvolles Ziel für Reisende, die auf der Suche nach Ruhe und Entspannung sind.
Angla
Nach einer weiteren halben Stunde Fahrt kommen wir zum Mühlenberg von Angla (Angla Tuulikumägi). Vier der fünf aus Holz gebauten Mühlen im Dorf Angla sind für die Insel typische Bockwindmühlen, die Anfang des 19. Jahrhunderts errichtet wurden. Bei der fünften Mühle handelt es sich um eine Holländerwindmühle aus dem Jahre 1927. Wenn du die Mühlen aus der Nähe erkunden möchtest, kannst du ein Eintrittsticket im angeschlossenen Kulturzentrum lösen. Weitere Informationen zu Öffnungszeiten, Preisen und angebotenen Workshops findest du auf der Website des Windmühlenparks. Uns genügt der Blick über den Zaun und wir machen uns nach einem kurzen Fotostopp zu unserem Tagesziel auf Saaremaa auf.
Kuressaare
Etwa 40 Kilometer entfernt von Angla liegt Kuressaare. Insgesamt haben wir an diesem Tag eine Strecke von rund 240 Kilometern in etwa drei Stunden mit dem Auto zurückgelegt. Kuressaare ist mit 15.000 Einwohnern die einzige Stadt und das touristische Zentrum Saaremaas. Der im Süden der Insel gelegene Kurort war aufgrund seines Klimas und seiner Bademöglichkeiten bereits Mitte des 19. Jahrhunderts bei in- und ausländischen Gästen bekannt. Das Wahrzeichen von Kuressaare ist die als Schloss Arensburg (Kuressaare loss) bekannte Bischofsburg (Piiskopilinnus) aus dem 13. Jahrhundert. Heute ist sie Veranstaltungsort für Ausstellungen und Konzerte. Zudem beherbergt sie das Saaremaa-Museum, das einen Einblick in die wechselvolle Stadt- und Inselgeschichte gibt.
Überquerst du das weitläufige Gelände der Burg von Kuressaare, kommst du direkt an die Küste von Saaremaa. Dort lohnt sich ein gemütlicher Spaziergang entlang der Ostsee. Der Weg führt auch an einem Sandstrand und einem Spielplatz vorbei.
Auf dem Rückweg gelangst du in den an die Burg angrenzenden Stadtpark. Das 1889 eröffnete Kurhaus (Kuurhoone) dient heute als Café, Restaurant, Unterkunft und Souvenirladen. Über die Schlossstraße (Lossi) erreichst du das nahe gelegene, klassizistische Altstadtzentrum von Kuressaare.
Während unseres Aufenthalts findet außerdem ein Fest im Stadtpark von Kuressaare statt. Bei einer Volkstanzaufführung werden die Zuschauer zum Mitmachen aufgefordert. Wolfgang nimmt diese Gelegenheit gerne wahr und wir freuen uns über diesen spontan gewonnenen Einblick in die Traditionen und Bräuche der Insel.
Am nächsten Tag fahren wir wieder rund 80 Kilometer zum Hafen in Kuivastu und mit der Fähre zurück nach Virtsu. Von dort sind es noch etwa 70 Kilometer bis zu unserem nächsten Ziel Pärnu. Wenn du den Sommer in Estland noch ausgiebiger genießen möchtest, findest du bei Visit Estonia weitere Tipps für einen längeren Aufenthalt auf Saaremaa.
Hotel in Kuressaare
Kuursaal Guesthouse (Kuursaali Külalistoad)
Lossipark 1, 93815 Kuressaare, Saaremaa, Estland
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Im Herzen des grünen Stadtparks von Kuressaare bietet das hübsche Kurhaus sechs zweckmäßig eingerichtete Zimmer mit Blick auf Schloss Arensburg an. Frühstück wird im Kuursaal im selben Gebäude serviert. Kostenfreie Parkplätze stehen an der Straße oder auf dem Parkplatz des Kurhotels auf der gegenüberliegenden Straßenseite zur Verfügung.
Restaurant in Kuressare
KU-KUU Restaurant (KU-KUU Restoran)
Lossipark 1, 93815 Kuressaare, Saaremaa, Estland
Website
Hervorragende lokale Küche mit frischen Produkten aus der Region im schönen Ambiente des Kursaals von Kuressaare. Der Schwerpunkt liegt auf Fisch und vegetarischen Gerichten. Die große Terrasse mit Blick auf Schloss Arensburg ist auch ein besonders schöner Ort, um einen der köstlichen Kuchen zu probieren.
Transport vor Ort
Am praktischsten ist die Fortbewegung mit dem eigenen Auto oder Mietwagen. Hier findest du Tipps fürs Autofahren im Baltikum. Eine Fähre verbindet das estnische Festland mit den Inseln Muhu und Saaremaa. Sie verkehrt regelmäßig zwischen den Häfen Virtsu (Tallinna mnt 1, 90101 Hanila; GPS 58°34’20.8″N 23°30’42.8″E) und Kuivastu (94702 Muhu; GPS 58°34’21.9″N 23°23’17.5″E). Je Strecke beträgt die Fahrzeit 27 Minuten. Boarding ist bis 15 Minuten vor Abfahrt möglich. Über die folgenden Links gelangst du zum Fahrplan und zu den Preisen. Tickets können bei der Einfahrt oder vorab online gekauft werden.
Pärnu
Pärnu ist die sogenannte Sommerhauptstadt Estlands. Die ehemalige Hansestadt gehörte im Laufe der Zeit zu Litauen, Polen, Schweden, Deutschland und Russland. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts etablierte sich die heute viertgrößte Stadt Estlands mit ihrem kilometerlangen, feinsandigen Strand als Kur- und Badeort. Zahlreiche Hotels und Sanatorien garantieren ein umfassendes Wellness- und Heilangebot. Aufgrund der kurzen Sommersaison von nur drei Monaten stehen auch vielfältige Indoor-Alternativen zur Verfügung.
Die Fußgängerzone mit der Einkaufsstraße Rüütli ist ein optimaler Ausgangspunkt, um die kleine Altstadt von Pärnu zu erkunden. Der Stadtkern ist rasch besichtigt und eignet sich daher sehr gut für einen Zwischenstopp. Neben der Elisabeth- und der Katharinenkirche zählen der Wallgraben mit dem Tallinner Tor und Estlands größter Bezirk mit Holzvillen zu den Sehenswürdigkeiten von Pärnu.
Die Strandpromenade und der unter Naturschutz stehende Strandpark von Pärnu sind eine Viertelstunde zu Fuß vom Zentrum entfernt. Das an der Strandlinie gelegene Kurhaus, das Heilbad und das Strandhotel sind schöne Beispiele für die historische Kurortarchitektur. Wenn du einen ausgedehnteren Aufenthalt in der Sommerhauptstadt Estlands planst, findest du bei Visit Pärnu weitere Aktivitäten im Seebad und in der Umgebung.
Nach der Besichtigung von Pärnu machen wir uns auf den Weg zurück nach Lettland. Über die Küste von Vidzeme gelangen wir nach einer Strecke von 200 Kilometern in etwa 3 Stunden Fahrtzeit wieder nach Riga. Dort endet unser unvergesslicher Roadtrip durch das Baltikum, am nächsten Tag erwartet uns unser Rückflug nach Wien.
Fazit
Der Sommer in Estland hat uns sehr gut gefallen, andere Jahreszeiten haben aber sicherlich auch ihren eigenen Reiz. Die Insel Saaremaa scheint in einer anderen Zeit verharrt zu sein und beeindruckt mit ihrer ursprünglichen Natur und der entspannten Stadt Kuressaare. Das Seebad Pärnu bietet sich für einen Zwischenstopp an der schönen estnischen Ostseeküste an.
Hat das Baltikum dich ebenfalls in seinen Bann gezogen? Über weitere Stationen auf unserer Rundreise berichten wir in unserem Artikel 10 Tage Roadtrip durchs Baltikum: Unsere Route.
Reiseführer Estland
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Von Pärnu würde ich derzeit (Stand: Anfang 2020) sehr stark abraten. Im letzten halben Jahr haben sich dort homophobe und rassistische Übergriffe gehäuft und meiner Einschätzung nach (als jemand, der in Estland lebt), ist Pärnu alles andere als ein sicheres Reiseziel (vor allem für LGBT-Menschen und allen, die weder Estnisch noch Russisch sprechen und eventuell eine etwas dunklere Hautfarbe haben). Pärnu wird in Estland übrigens nicht nur „Sommerhauptstadt“ genannt, sondern inoffiziell auch „Prügelhauptstadt“ (peksupealinn), das sagt eigentlich schon alles.
Als Alternative bietet sich allerdings Haapsalu an – ebenfalls am Meer, viel schöner und durchaus sicherer. Saaremaa ist wie im Artikel beschrieben nach wie vor sehr schön und immer eine Reise wert. :)
Hallo Caro,
vielen Dank für deinen Kommentar. Wenn die Lage in Pärnu inzwischen tatsächlich so ist wie von dir beschrieben, ist das wirklich sehr bedauerlich. Für solche Übergriffe darf es keinen Platz geben. Während unserer Reise vor fast drei Jahren hatten wir uns in Estland insgesamt sehr wohl und sicher gefühlt. Es wäre wünschenswert, dass das uneingeschränkt für alle Menschen gelten würde.
Liebe Grüße
Jessica
Ich war vor ein paar Tagen auch in Estland unterwegs und habe dabei Saaremaa recht ausführlich besucht. Die Insel ist ein Traum mit ihrem Windmühlen, den ganzen wildromantischen Leuchttürmen, den alten Holzhäusern. Ich bin echt ein bisschen erstaunt, dass Saaremaa noch immer so unbekannt ist.
Nebenbei: Ich weiß, dass der Sommer als beste Reisezeit für Saaremaa gilt. Ich hab zwar keinen Vergleich, aber ich fand den Herbst eine wirklich tolle Jahreszeit für einen Besuch. Dann ist es noch ein Spürchen entspannter und die vielen Wälder leuchten in allen Farben.
Hallo Oli,
vielen Dank für deinen Kommentar! Wie schön, dass es dir auch so gut auf Saaremaa gefallen hat. Die Insel ist wirklich ein besonderer Ort. Saaremaa im Herbst zu besuchen, ist bestimmt auch ein tolles Erlebnis. Die bunt gefärbte Insel stelle ich mir sehr schön vor. Deinen Artikel darüber werde ich mir gleich noch genauer ansehen.
Liebe Grüße,
Jessica